macOS vs. Windows – Die Logik der Scroll-Richtungen

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Das Erlebnis des Scrollens ist ein fundamentaler Aspekt der User Experience (UX) in Betriebssystemen. Ein kurzer Fingerwisch kann die Benutzer zu ihrer gesuchten Information führen oder sie im schlimmsten Fall in Frustration versetzen. Aber warum verhalten sich macOS und Windows hier komplett unterschiedlich. Lasst uns kurz die zugrundeliegende Logik angucken.

Das Scrollen als Interaktionselement stammt aus den Anfängen der Computergrafik und wurde maßgeblich von den Human-Computer-Interaction (HCI)-Pionieren entwickelt. Die Einführung der Maus und später der Touchpads hat diese einfache, aber extrem wichtige Funktion dem Massenmarkt zugänglich gemacht.

Die macOS-Perspektive: „Natürliches“ Scrollen

Apple führte – nachdem man 1983/84 die Maus (mit traditionellem Scrollen) überhaupt erst massentauglich machte – mit der Veröffentlichung von OS X Lion im Jahr 2011 das Konzept des „natürlichen“ Scrollens ein. Die Idee dahinter ist die Nachahmung der physischen Interaktion mit einem Papierdokument. Wenn man ein Stück Papier nach oben schieben möchten, bewegt man seine Finger nach oben. Diese Art des Scrollens steht im Einklang mit anderen Gestensteuerungen auf dem iPhone oder iPad und zielt darauf ab, eine kohärente User Experience über verschiedene Geräte hinweg zu schaffen.

Die Windows-Perspektive: Traditionelles Scrollen

Im Gegensatz dazu hat Windows das traditionelle Scrollen beibehalten, bei dem der Scrollbalken – und nicht der Inhalt – in die Richtung bewegt wird, in die der Benutzer scrollt. Diese Methode mag zwar für Benutzer, die mit älteren Versionen von Windows oder anderen Betriebssystemen vertraut sind, intuitiver sein, jedoch fehlt ihr die Einheitlichkeit über verschiedene Geräte hinweg, die Apple anstrebt.

Ergonomische Überlegungen

Die ergonomischen Auswirkungen beider Scrollmethoden sind Gegenstand zahlreicher Studien. Studien legt nahe, dass „natürliches“ Scrollen weniger kognitiven Aufwand erfordert, da es der physischen Welt ähnlicher ist. Andererseits argumentieren Kritiker, dass die Traditionelle Methode durch jahrzehntelange Konditionierung tiefer in unser Muskelgedächtnis eingebettet ist.

Kognitive Aspekte

Ergänzend zu den ergonomischen Überlegungen kommen kognitive Faktoren ins Spiel. Das Hick’sche Gesetz, das besagt, dass die Zeit, die benötigt wird, um eine Entscheidung zu treffen, logarithmisch mit der Anzahl der Optionen ansteigt (Hick, 1952), könnte hier Anwendung finden. Das Umschalten zwischen verschiedenen Scrollmethoden auf verschiedenen Geräten könnte theoretisch die Entscheidungszeit verlängern, was sich negativ auf die User Experience auswirken könnte.

Und jetzt? Was ist besser?

Ich weiß es nicht … die Entscheidung zwischen der Scrolllogik von macOS und Windows ist letztlich eine Frage des persönlichen Geschmacks. Wissenschaftlich betrachte ich das ganze als eine Pattsituation.

Während Apple einen ganzheitlichen Ansatz verfolgt, der sich über verschiedene Geräte erstreckt, bleibt Windows bei einer traditionelleren Methode, die durchaus intuitiver sein kann.

Meine Mauseinstellung ist „natürliches“ Scrollen … aber ich kann auch jeden verstehen, der sich nicht vom traditionellen Scrollen umgewöhnen möchte. Es funktioniert ja gut und was sage ich immer in meinen Vorlesungen? „Gibt es einen Standard, überlege gut, ob man das wirklich anders machen sollte. Gibt es keinen sehr(!) guten Grund … nutze den Standard“.


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