Wie Eyals bahnbrechendes Werk Das Thema UX auf ein neues Level gehoben hat
Vor dem immensen Einfluss von Nir Eyals Werk „Hooked: Wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen“ muss man einfach den Hut ziehen. Das Buch, das dieses simple, aber so unfassbar erfolgreiche Konzept des Verhaltensdesigns in der Produkt- und Softwareentwicklung vorstellt, hat die Art und Weise, wie Unternehmen ihre Produkte entwerfen und wie Benutzer mit diesen Produkten interagieren, radikal verändert – vermutlich für immer.
„Hooked“ basiert auf dem Verständnis, dass erfolgreiche Produkte Gewohnheiten schaffen, die Benutzer an sich binden und ihnen einen Mehrwert bieten. Dieses Konzept, das als „Hooked Model“ bekannt ist, umfasst vier Schritte: Trigger, Handlung, variable Belohnung und Investition.
Trigger können sowohl extern (wie eine Push-Benachrichtigung) als auch intern (wie Langeweile oder soziale Isolation) sein. Die Handlung ist die einfache Verhaltensweise, die der Benutzer im Vorgriff auf eine Belohnung ausführt. Die variable Belohnung hält den Benutzer durch die Bereitstellung einer unvorhersehbaren Belohnung engagiert. Die Investition steigert das Engagement des Benutzers und führt sowohl zu erhöhter Loyalität als auch erhöhter Nutzung. Die Trigger übernahm Eyal 1:1 aus dem Fogg-Model.
Der Nutzen für Unternehmen
Mit dem „Hooked Model“ können Unternehmen Produkte und Dienstleistungen entwickeln, die sowohl die Benutzerbindung erhöhen als auch einen Mehrwert für den Benutzer bieten. Unternehmen wie Facebook, Instagram, Apple und Google haben erfolgreich das „Hooked Model“ in ihre Produktgestaltung integriert, was zu massiver Benutzerbindung und wirtschaftlichem Erfolg geführt hat.
Darüber hinaus bietet das Modell wertvolle Einblicke in das Verbraucherverhalten, die die Produktentwicklung und -optimierung unterstützen.
Der Nutzen für die Benutzer – wenn Sie das Buch lesen würden
Der wahre Wert von „Hooked“ liegt jedoch in seiner Fähigkeit, ein tiefgreifendes Verständnis des eigenen Verhaltens zu ermöglichen. Das Bewusstsein für die Mechanismen, die unser Verhalten beeinflussen, ermöglicht es Benutzern, bewusstere Entscheidungen über die Nutzung von Technologie zu treffen und potenziell schädliche Gewohnheiten zu ändern.
Das „Hooked Model“ bietet auch ein nützliches Werkzeug für den Entwurf von Produkten und Dienstleistungen, die positive Gewohnheiten fördern. Apps wie Duolingo und Headspace haben erfolgreich das „
Das „Hooked“-Modell im Detail
Das „Hooked-Modell“ ist ein Vier-Stufen-Prozess, der auf der Erkenntnis basiert, dass gewohnheitsbildende Produkte einen Kreislauf durchlaufen, der den Benutzer an das Produkt bindet.
- Trigger: Dies ist der Auslöser, der den Benutzer dazu bewegt, eine Handlung durchzuführen. Trigger können extern oder intern sein. Externe Trigger sind z. B. Benachrichtigungen, E-Mails oder andere Formen von Kommunikation, die den Benutzer zur Interaktion mit dem Produkt auffordern. Interne Trigger sind emotionale Zustände oder persönliche Gewohnheiten, die den Benutzer dazu motivieren, das Produkt zu verwenden. Ein gutes Beispiel ist die Benachrichtigung einer Social Media-App, die den Benutzer dazu auffordert, sich einzuloggen und die neuesten Posts zu sehen.
- Handlung: Dies ist die einfache Handlung, die der Benutzer in Erwartung einer Belohnung ausführt. Dies könnte so einfach sein wie das Scrollen durch einen Newsfeed, das Klicken auf eine Benachrichtigung oder das Eingeben einer Suchanfrage. Das Ziel ist es, diese Handlung so einfach und nahtlos wie möglich zu gestalten, um den Benutzer dazu zu ermutigen, sie regelmäßig durchzuführen.
- Variable Belohnung: Dies ist der Teil des Zyklus, der den Benutzer dazu motiviert, die Handlung immer wieder auszuführen. Die Belohnung ist oft variabel oder unvorhersehbar, was die Neugier und das Engagement des Benutzers verstärkt. Beispiele sind die „Gefällt mir“-Angaben, Kommentare oder Aktien auf Social Media, die jedes Mal unterschiedlich sind, wenn der Benutzer die App öffnet.
- Investition: Hier investiert der Benutzer Zeit, Daten, Anstrengungen oder Geld in das Produkt, was seine Bindung an das Produkt erhöht und ihn dazu ermutigt, den Zyklus zu wiederholen. Beispiele für Investitionen sind das Hochladen von Fotos, das Hinzufügen von Freunden oder das Erstellen von Inhalten, die das Benutzererlebnis persönlicher und wertvoller machen.
Die vier Stufen des „Hooked“-Modells arbeiten zusammen, um einen Zyklus der Benutzerbindung zu schaffen, der dazu führt, dass das Produkt zu einer Gewohnheit wird.
Einsatz des „Hooked“-Models
Das „Hooked-Model“ wirkt komplett im Unterbewusstsein. Ohne dass ein User das Konzept kennt, besteht m. E. keine Chance sich der süchtig-machenden Mechanismen zu entziehen. Insofern besteht natürlich die Möglichkeit die Unternehmensinteressen zu übervorteilen. M. E. haben dies alle Unternehmen des Meta-Konzerns gemacht, was ich persönlich sehr(!) kritisch sehe.
Es gibt aber auch Unternehmen die dieses Modell in einer Win-Win-Situation anwenden. Apps wie Duolingo und Headspace nutzen das „Hooked Model“ erfolgreich, um ihren Benutzern dabei zu helfen, von ihnen gewünschte Gewohnheiten zu entwickeln und beizubehalten.
Duolingo: Die Sprachlern-App Duolingo ist ein hervorragendes Beispiel für eine App, die das „Hooked Model“ wirksam einsetzt. Der Trigger könnte eine Push-Benachrichtigung sein, die den Benutzer daran erinnert, seine tägliche Lektion zu absolvieren. Die Handlung ist das Durchführen der Lektion, was einfach und interaktiv gestaltet ist. Die variable Belohnung kommt in Form von Punkten und Levelaufstiegen, die das Fortschrittsgefühl des Benutzers steigern. Schließlich besteht die Investition darin, dass der Benutzer regelmäßig Zeit für das Lernen aufwendet und seinen Fortschritt in der App verfolgt. Diese Kombination von Elementen trägt dazu bei, eine Gewohnheit des regelmäßigen Sprachenlernens zu etablieren.
Headspace: Die Meditations-App Headspace nutzt das „Hooked Model“, um ihren Benutzern zu helfen, eine regelmäßige Meditationspraxis zu entwickeln. Ein Trigger könnte ein täglicher Wecker sein, der den Benutzer daran erinnert, zu meditieren. Die Handlung ist die Durchführung der Meditation, die durch die einfach zu befolgenden Audioführungen der App erleichtert wird. Die variable Belohnung kann das Gefühl der Entspannung und des Wohlbefindens sein, das nach der Meditation auftritt. Die Investition des Benutzers besteht darin, regelmäßig Zeit für die Meditation aufzuwenden und seine Erfahrungen in der App zu verfolgen. Durch den Aufbau dieser Gewohnheit kann der Benutzer seine geistige Gesundheit verbessern und Stress abbauen.
Die erfolgreiche Anwendung des „Hooked Model“ in diesen Apps zeigt, dass das Modell nicht nur für Unternehmen nützlich ist, um Benutzer anzuziehen und zu binden, sondern auch dazu beitragen kann, positive Gewohnheiten zu fördern und das Wohlbefinden der Benutzer zu verbessern. Es bietet eine mächtige Methode zur Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen, die einen echten Mehrwert für die Benutzer bieten und ihnen helfen, ihre Ziele zu erreichen.
tl;dr
Das „Hooked“-Modell ist ein extrem mächtiges Werkzeug für die Produktentwicklung. Es bietet Einblicke in das Verhalten von Benutzern und zeigt auf, wie Produkte gestaltet werden sollten, um Benutzer anzuziehen und zu binden – ja, süchtig zu machen. Dabei kann es sowohl Unternehmen dabei helfen, erfolgreiche Produkte zu schaffen, als auch Benutzern dabei helfen, ein besseres Verständnis ihrer eigenen Gewohnheiten und der Mechanismen der Technologieabhängigkeit zu entwickeln.
Unverantwortlich angewendet handelt es sich m. E. um das stärkste aller UX-Dark-Pattern. Verantwortlich angewendet entsteht jedoch ein wahnsinniger Nutzen für Unternehmen wie Nutzer.
Quellen
Eyal, N. (2014). Hooked: Wie Sie Produkte erschaffen, die süchtig machen. Portfolio.
Alter, A. (2017). Unwiderstehlich: Der Aufstieg süchtig machender Technologien und das Geschäft mit unserer Abhängigkeit.
Duolingo. (2023). Über uns. Aufgerufen am 19. Mai 2023, von www.duolingo.com/info
Headspace. (2023). Wie Headspace funktioniert. Aufgerufen am 19. Mai 2023, von www.headspace.com/science
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